Produkt Kulinarische Schätze
Bündnerfleisch

Bündnerfleisch ist ein Paradebeispiel dafür, wie aus einer Notwendigkeit eine besondere Delikatesse entstehen kann. In den entlegenen Bergregionen, wo die Naturbedingungen hart und die Transportwege beschwerlich waren, war es für Bauernfamilien überlebenswichtig, Lebensmittel für die langen Wintermonate haltbar zu machen. Das handgesalzene und in kalter Bergluft luftgetrocknete Fleisch war nicht nur nährstoffreich, sondern liess sich auch platzsparend lagern – eine geniale Lösung in einer Zeit, in der keine technologischen Möglichkeiten zur Kühlung existierten.
Jahrhundertealte Handwerkskunst
Die Herstellung von Bündnerfleisch erforderte bereits damals viel Geduld und Präzision. Nur bestes Rindfleisch wurde mit einer speziellen Mischung aus Salz und Gewürzen eingerieben und über Wochen hinweg getrocknet. Dieses Verfahren, das in den bäuerlichen Stuben begann, legte den Grundstein für das, was heute als eines der feinsten Produkte der Schweizer Alpen gilt. Die geschützte geografische Angabe (GGA) gewährleistet, dass echtes Bündnerfleisch ausschliesslich in Graubünden unter strengen Qualitätskriterien produziert wird. Dieses Qualitätsversprechen macht es nicht nur in der Schweiz, sondern auch weltweit zu einem geschätzten Produkt.
«Zum Beispiel Bü-bü-bündnerfleisch»
Obwohl das Bündnerfleisch dank des Tourismus eh schon weltweit bekannt war, sorgte es 2010 aus ungewohnter Richtung für weltweite Aufmerksamkeit. Eine neue Verordnung sollte die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) präzisieren und die traditionellen Herstellungsverfahren rechtlich absichern, um den zunehmenden Import von fertig gewürztem Fleisch in die Schweiz zu unterbinden. Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz musste den Gesetzestext während einer Rede im Nationalrat vortragen – und der bürokratisch-trockene Text über das Trockenfleisch löste beim damaligen Finanzminister einen derartigen Lachanfall aus, dass ihm die Tränen kamen; das Video ging weltweit viral. Dabei habe die Situation durchaus einen ernsten Aspekt gehabt, äusserte sich Hans-Rudolf Merz später dazu. In der Schweiz müsse man sich mit einer Über-Regelung und Über-Administration auseinandersetzen. Seiner Meinung nach zeige der im Juristendeutsch verfasste Text, wie kompliziert das ganze Leben geworden sei.
Bündnerfleisch heute
Bündnerfleisch ist dabei nach wie vor eine unkomplizierte Spezialität. Das Trockenfleisch wird heute vor allem hauchdünn geschnitten als Vorspeise, Zwischenmahlzeit oder zum Picknick gegessen.
Es ist zudem ein hochwertiger Energiespender: Es ist praktisch fettfrei und enthält nur sehr wenige Kohlenhydrate, dafür aber hochwertige Eiweisse. Hinzu kommen Vitamine, Eisen, Mineralstoffe und Spurenelemente. Deshalb ist Bündnerfleisch auch bei Sportlern oder in der Diätküche sehr beliebt. Die kulturelle Bedeutung des Trockenfleisches reicht dabei weit über den Esstisch hinaus. Bündnerfleisch steht heute für Regionalität, Nachhaltigkeit und Handwerkskunst – Werte, die Graubünden prägen und gerade in der modernen Gastronomie immer mehr an Bedeutung gewinnen.