Gemüse Gaupp: Mangold hilft gegen Heimweh

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Das unerwartete Eldorado: Gemüseanbau im Herzen der Bündner Berge

Schaut man auf einer Panoramakarte über die Schweiz von Nord nach Süd, fragt man sich, ob es im Bündnerland überhaupt eine Ebene gibt. Mit 7105 Quadratkilometern Fläche, mit 937 Gipfeln, 615 Seen und 150 Tälern umfasst Graubünden die grösste Fläche der Schweiz. Ebenen sind selten - Graubünden ist ein Bergkanton. Umso überraschender wirkt es dann, wenn Urs Gaupp, gelernter Landschaftsgärtner, mit einem Lächeln sagt: «Ich bin Flachlandgmüesler.» 

Doch es gibt ein flachen Stück Erde. Im Rheintal bei Untervaz - auf sandig-kalikgem Schwemmland. Und auf der andern Seite des Tals geht’s rasch wieder richtig bergauf. Niemand käme auf die Idee, das Bündnerland als Eldorado für Gemüseanbau zu bezeichnen. Gaupp freilich sieht das differenzierter: «Mit dem Bündnerland-Cliché hat das Churer Rheintal nichts tun. Grundsätzlich kann man hier alles machen.» Das Rheintal biete gegenüber dem Mittelland gar Vorteile, «wir haben den Föhn, sonst gäbe es hier keinen Wein. Und auch sind wir vor der Bise geschützt».

Von der Kunstwiese zur Küche: Vielfalt und Nachhaltigkeit im Bio-Gemüseanbau von Urs Gaupp

So spriessen also gut geschützt die letzten Wintersalate und das erste Frühlingsgemüse am Fusse des Calanda. Entweder wächst das Gemüse in einem der Treibhäuser oder unter weissem Vlies. Je nach Wetter werden diese «Schutzteppiche» Mitte April entfernt. Urs Gaupp freut das, denn «Vliese sind mühsam, das Jäten ist erschwert, man muss Steine wegnehmen und wieder drauflegen». Da bietet die Hochsaison von Juni bis August angenehmere Bedingungen, dafür aber Arbeit am Laufmeter. Auch wenn von insgesamt 2,2 Hektar Boden bloss ein Hektar in Ertrag steht – der Rest soll sich erholen: «Nach zwei Jahren Bewirtschaftung ruht eine Fläche zwei Jahre lang als Kunstwiese.» 

Urs Gaupp führt den Familienbetrieb, der in den 1990er-Jahren auf Bio umgestellt wurde, seit 2003. «Gemüse ist rentabel», betont er, aber dafür braucht er gut 30 verschiedene Gemüsesorten, «von Aubergine bis Zucchino». Ende März, erst kurz nach dem Hochwinter gedeiht in Untervaz bereits ein «Korb», mit dem man problemlos einen vegetarischen Fünfgänger bestücken könnte: Nüssler und Kopfsalat, Ruccola, Blumenkohl, Brokkoli, Rüebli, Schnittlauch und Peterli vom letzten und von diesem Jahr, Randen, Kohlrabi, Fenchel und Mangold. 

Von seinem Angebot hat Urs Gaupp am liebsten Salat auf dem Teller, «im Winter Chinakohl, im Sommer Eisbergsalat.» Eine kulinarische Besonderheit, ein Saucenrezept? «Ich koche nicht», klärt Gaupp die Verhältnisse und erzählt verwundert, dass er immer wieder nach einem Capunsrezept gefragt werde. «Ich pflanze Mangold, keine Capuns.» 

Wie ein regionales Gemüse die Herzen der (Heimweh-) Bündner:innen erobert

Mangold ist Gaupps Exportschlager, er verschickt Mangoldpakete à zwei Kilo an Heimwehbündner in die ganze Schweiz. Ein Beweis, wie beliebt dieses Gericht ist – und wie unmöglich, ein Rezept auszuwählen, denn jede Familie hütet ohnehin das beste. Weniger umstritten dürfte eine vegetarische Version sein, gefunden in «Das Kochbuch aus Graubünden» von Maggie Poltéra, erschienen 1979:

Chruutkapuune
Mangoldblätter, 300 g zerstossenes Altbrot, 2-3 Eier, Butter, 1 Zwiebel gehackt, Majoran frisch oder getrocknet, Peterli, 1 Prise Nelkenpulver, Salz, Pfeffer, Bouillon oder Béchamel-Sauce.

  • Die weissen Rippen am Mangold entfernen und die Blätter kurz im kochenden Wasser überbrühen, abtropfen lassen. Sorgfältig darauf achten, dass die Blätter nicht reissen.
  • Die feingehackte Zwiebel in reichlich Butter dünsten und das Brot hinzufügen und eine Weile mitrösten. Etwas auskühlen lassen. Die Eier, die feingehackten Kräuter hinzufügen und mit den Gewürzen abschmecken. Diese Fülle wird sorgfältig in die Mangoldblätter gewickelt.
  • Die Päckchen in eine flache, feuerfeste Form nebeneinanderlegen. Die «Kapuuna» mit Bouillon oder Béchamel-Sauce übergiessen und im Ofen 30 Min. backen.

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